ITT Briefwechsel zwischen Falion und Kalistra

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Spielwelt(en):Athyria
Urheber:innen:Anja Schröder, Sarah Kisliuk
Mitwirkende:
Jahr:2025


Zusammengetragen von Alavandra, der Sinnenden, im Auftrag der Chronik des Ewigen Morgens

Die Zeit ist eine unbarmherzige Woge, die Worte mit sich reißt, Gedanken verschlingt und Erinnerungen verblassen lässt. Doch nicht alles darf dem Vergessen anheimfallen. So habe ich mich der Aufgabe verschrieben, jene Stimmen zu bewahren, die sonst verloren gingen – Briefe, Zeugnisse, Fragmente eines vergangenen Zeitalters.

Unter den Schriften, die ich für die Chronik des Ewigen Morgens gesammelt habe, fanden sich diese Korrespondenzen zwischen Kalistra und Falion. Sie erzählen von mehr als bloßen Gedanken oder Strategien, sie gewähren uns einen Blick auf zwei Seelen, die sich umkreisen wie Libellen, voneinander angezogen und doch stets in Bewegung. Ihre Worte sind voller unausgesprochener Wahrheiten, voller Fragen, die nur der andere beantworten kann.

Ich habe diese Briefe mit Sorgfalt abgeschrieben, bewahrt und übersetzt, damit der Nachhall ihrer Stimmen nicht verstummt. Möge, wer sie liest, in ihnen nicht nur die Geschichte zweier Denker erkennen, sondern auch die feinen Linien, die zwischen Verstand und Gefühl, zwischen Berechnung und Intuition verlaufen.

Alavandra, die Sinnende

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Mein geschätzter Falion,

Es scheint, als würden unsere Gedanken sich immer wieder begegnen, obgleich wir uns kaum sehen. Die Debatte in der Halle der Gelehrten hat mir noch lange nachgehangen – nicht wegen des Inhalts, sondern wegen der Art, wie du argumentierst, wie du die Fäden der Logik in deinen Händen hältst, um ein Netz zu spannen, das den Gedanken Halt gibt. Ich frage mich, ob du wohl ahnst, wie oft ich mich in diesen Netzen verliere. Dein Blick auf die Welt ist so anders als meiner – du suchst Strukturen, wo ich Muster sehe, du planst, wo ich spüre. Und doch treffen sich unsere Wege immer wieder, als wäre es vorbestimmt.

Ich erinnere mich an einen Abend, als der Wind durch die Halle fuhr und die Flammen der Kerzen tanzen ließ. Du hast über Strategien gesprochen, über mögliche Züge, doch ich konnte nur auf deine Hände blicken, auf die Art, wie du sie bewegst, um deine Worte zu untermalen. Ich wollte dich unterbrechen, um zu fragen, ob du jemals innehältst, ob deine Gedanken jemals ruhen. Doch ich tat es nicht. Vielleicht, weil ich Angst vor der Antwort hatte.

Kalistra


Kalistra,

Ich habe lange über deine Worte nachgedacht, über die Art, wie du mich siehst – als einen, der Pläne schmiedet und Fäden zieht, ohne je innezuhalten. Und vielleicht hast du recht. Vielleicht kenne ich das Verharren nicht, weil ich es mir nie erlaubt habe. Die Welt ist für mich ein Spiel aus Strategien und Möglichkeiten, ein Geflecht aus Wegen, das zu entwirren ich mir zur Aufgabe gemacht habe. Aber dann schreibst du, und für einen Moment halten meine Gedanken inne.

Als du an jenem Abend in der Halle der Gelehrten schwiegst, dachte ich, du wärest gelangweilt von meinen Überlegungen, von den zahllosen Theorien, die ich dir darlegte. Doch nun erkenne ich, dass du zugehört hast – nicht nur den Worten, sondern mir. Es ist ein seltsames Gefühl, gesehen zu werden, nicht nur in meinen Plänen, sondern in meinen Zweifeln. Du bist die Einzige, die dies vermag.

Hätte ich den Mut, ich würde dich darum bitten, häufiger zu schweigen – nicht aus Gleichgültigkeit, sondern weil in deinem Schweigen mehr Wahrheit liegt als in all meinen Berechnungen.

Falion


Falion,

Deine letzten Worte in der Halle der Gelehrten über die Welt als Schachbrett haben mich beschäftigt. Du siehst Möglichkeiten, wo ich Grenzen erkenne, und doch enden wir oft bei denselben Lösungen. Vielleicht ist es das, was mich immer wieder nachdenken lässt – nicht nur über unsere Gespräche, sondern auch über dich. Ich schreibe diese Zeilen nicht mit einer Erwartung, sondern weil meine Gedanken sich in deine Richtung drehen, selbst wenn ich es nicht will.

Ich habe dich gestern in der Bibliothek gesehen, vertieft in eine alte Schriftrolle. Du hast nicht bemerkt, dass ich dort war, oder du hast es ignoriert. Dein Blick war so konzentriert, so unnachgiebig. Und in diesem Moment fragte ich mich, was dich so sehr antreibt. Ist es der Wunsch, die Welt zu verstehen, oder fürchtest du, dass sie dich eines Tages überlisten könnte?

Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, mich neben dich zu setzen. Doch stattdessen habe ich dir aus der Ferne zugesehen, als würde allein das Wissen um deine Anwesenheit genügen. Aber es genügt nicht.

Kalistra


Kalistra,

Deine Briefe bewegen mich wie ein plötzlicher Schachzug, der ein lang geplantes Spiel verändert. Du erkennst meine Gedanken, oft noch bevor ich sie selbst zu Ende denke. Vielleicht haben wir zu oft gegeneinander diskutiert, als dass wir bemerkt haben, wie sehr wir uns ergänzen. Oder vielleicht ist es gerade deshalb so. Ich weiß es nicht. Aber ich finde mich dabei, deine Worte zu suchen, lange nachdem ich sie gelesen habe.

Ich habe deine Anwesenheit in der Bibliothek gespürt, auch wenn ich sie nicht zeigte. Es gibt Dinge, die man nicht offenbaren sollte, weil sie dann zu real werden. Ich frage mich, warum du gezögert hast. War es aus Angst, dass wir ein unausgesprochenes Gleichgewicht stören könnten? Oder weil du nicht sicher bist, was es bedeutet, wenn unsere Gedanken sich immer wieder berühren?

Ich habe keine Antworten. Aber ich weiß, dass dein Schweigen lauter ist als jedes Wort.

Falion


Falion,

Ein eigenartiger Gedanke: Was wäre, wenn wir nicht auf entgegengesetzten Seiten eines Schachbretts stünden, sondern auf derselben? Wäre es noch dasselbe Spiel? Oder wäre es etwas anderes, etwas, das wir nicht vorhersehen können? Ich schreibe dies nicht, um eine Antwort zu verlangen. Nur, weil der Gedanke mich nicht loslässt.

Heute habe ich eine Feder in deinen Notizen gefunden, eine von jenen, die ich oft benutze. Ich frage mich, ob du sie absichtlich dort gelassen hast oder ob es reiner Zufall war. Es ist eine Kleinigkeit, nicht der Rede wert, und doch habe ich sie aufgehoben und bei mir behalten. Wie töricht von mir.

Ich frage mich oft, wie unser nächstes Gespräch verlaufen wird. Ob du es merken wirst, ob du in meinen Worten die gleiche Unruhe hörst, die mich seit Wochen begleitet. Ich fürchte mich davor, doch zugleich kann ich kaum erwarten, dich wieder zu sehen.

Kalistra


Kalistra,

Es wäre kein Spiel mehr, sondern eine Absprache, ein Bund. Und vielleicht, nur vielleicht, ist das der klügste Spielzug, den wir je gemacht haben.

Heute, als ich durch die Gänge des Hofes schritt, fühlte ich es wieder – dieses Ziehen, diese Unsicherheit, die doch so vertraut ist. Ich wollte dich suchen, doch stattdessen habe ich mich zurückgezogen, als wäre es sicherer, in der Distanz zu verharren. Ich weiß nicht, wie lange wir uns noch so umkreisen wollen. Aber ich weiß, dass ich es nicht für immer tun kann.

Falion