Spielwelt(en): | Athyria |
Urheber:innen: | Vroni Knaller |
Mitwirkende: | |
Jahr: | 2021 |
Das Feuer vor dem Faleoo, der traditionellen Weidenhütte des Latahawa, knisterte laut in der Stille der Nacht. Keiner sprach ein Wort als Imaho, der oberste Kuboyahüter von Eccimea langsam in die Mitte des großen Kreises trat. In diesem Jahr war die Ehre der Geschichte von Kaen und Noa per Los an die Stadt Eccimea gefallen und so war es Imaho, der würdevoll durch die Reihen der Zuhörer schritt und mit den traditionellen Worten seine Geschichte begann. „Einst gab es eine Zeit ohne die Kuboyahüter, in der jedes Wesen seine Liebe ohne Hilfe finden musste! Es war eine kalte Zeit und viele Wege führten in die Irre.
[Die ersten Worte sind bei jeder Geschichte gleich. Was jetzt folgt ist immer unterschiedlich und sogar das Geschlecht der beiden Liebenden ist nicht vorgeschrieben. Die Namen allerdings sind immer Kaen und Noa, daher sind sie so gewählt, dass sie zu allen Geschlechtern passen!]
Auch Kaen und Noa irrten lange über eine Vielzahl an Pfaden, bevor sie sich das erste Mal trafen, doch die Schöpfer hatten diese beiden füreinander vorgesehen und so kam es, dass Kaen einst Noa erblickte und sich in seinem Herzen sofort ein Funken für den Aumah entzündete. Auch Noa erging es ähnlich und obwohl er Kaens stummen Ruf hörte, konnte er nicht folgen, da er bereits anderweitig versprochen war. Denn seht, es gab keinen Hüter, der ihm hätte erklären können, dass der Ruf, den er in seinem Innersten hörte, der Wille der Schöpfer war und daher verwarf er diesen. Doch so leicht kann man das Schicksal nicht abtun und so quälten Noa immer wieder Träume von Kaen, den er nur ein einziges Mal gesehen hatte und machten seine Nächte schlaflos. Auch Kaen wanderte ohne Rast umher, da seine Liebe unbeantwortet blieb und sein Unglück zeichnete ihn. Seine Wangen verloren die jugendliche Frische und sein Haar wurden stumpf. Sein düsteres Gemüt steckte viele in seiner Umgebung an und Trübsal verteilte sich wie eine Infektion in seinem Umfeld. Auch Noa erging es nicht viel anders und so zerstritt er sich mit Tamaee, seinem versprochenen Partner so sehr, dass Worte fielen, die nicht zurückzunehmen waren. Tamaee verließ noch am selben Tag Noas Dorf. In der folgenden Nacht, als Noa wieder einmal rastlos und in nur halbwachem Zustand umher wanderte, traf er auf eine Wispa und ohne darüber nachzudenken, folgte er ihr auf ihrem Tanz. Bald hatte er sich so verlaufen, dass er den Weg zurück nicht mehr fand. Er irrte ohne Ziel umher und geriet immer mehr in Angst. In seiner Panik übersah er den Kuboya auf seinem Pfad und stolperte über ihn. Die Stacheln des kleinen Gefährten drangen tief in seine Haut und brachen dort ab, so dass Noa vor Schmerzen zu Boden fiel und nicht mehr aufstehen konnte. Auch der Kuboya quiekte vor Schmerzen, denn der Sturz des Aumah hatte ihm das Bein gebrochen. “ An dieser Stelle legte Imaho eine kunstvolle Pause ein und sein Publikum stöhnte, ob der schrecklichen Vorstellung eines verletzten Kuboyas, entsetzt auf. „Doch Noa hatte ein gutes Herz und so nutze er den Rest seiner schwindenden Kraft, um den Kuboya zu heilen und nicht sich selbst!“ Auch hier legte Imaho eine Pause ein. Wusste er doch, dass seine Zuhörer vor Erleichterung kollektiv seufzen und kleine Freudenrufe ausstoßen würden. „So lag Noa in der kalten Nacht; unfähig sich zu bewegen, ohne zu wissen wo er war und so ließ er alle Hoffnung fahren. Sein Lebenswille begann zu flackern und wurde immer kleiner, bis nur kaum ein Glimmen übrig war. Doch der Kuboya blieb an seiner Seite, drückte ihm tröstend die rosa Nase an die Wange und hielt so einen kleinen Funken am Leben. Kaen unterdessen hatte in dieser Nacht nur unruhig geschlafen und schon früh sein Lager verlassen. Auch er traf auf seinem Weg auf eine Wispa und einem inneren Drängen folgend, tanzte er mit ihr bis zum Schattenblatt. Als würde ihn eine Stimme leiten, nahm er die Pflanze in traditioneller Form zu sich und wartete geduldig bis auch die Wispa ihren Weg fortsetzte. Wiederum folgte er dem Käfer zu einem Nebelpfad und ließ sich führen, glaubte er doch kurz in dessen Wispern Noas Namen zu hören. Tatsächlich erkannte er, als er aus der Nebenpforte trat, in der keine 20 Schritt vor sich am Boden liegenden Gestalt seine Liebe und eilte zu ihm. Der Kuboya hatte den Lebensfunken über Nacht gehütet und so war es Kaen möglich, seinen Geliebten zu heilen und ihn in die Arme zu schließen. Augenblicklich barsten beide Lebensfunken in hell leuchtende Flammen aus und das Glück kehrte in ihre Augen zurück. Von diesem Tage an sorgten Noa und Kaen dafür, dass dem Kuboya die Ehre zuteil wurde, die ihm gebührte und sie wurden beide zu den ersten Hütern. Bis zu diesem Tage leuchtet das Glück der Liebe hell über jedem, der die Hilfe der Kuboya sucht und auf einen Hüter hört! Darum feiert, trinkt und liebt, auf das euch der Segen der Liebe zuteil wird!“ Tosender Applaus erscholl, nachdem Imaho die letzten Worte gesprochen hatte und Jubelrufe zogen durch die Feiernden, während sich die ersten schon dem Festessen zuwandten, dass jedes Jahr nach der Geschichte aufgetragen wurde. Lina lehnte sich zu ihrem Liebsten und seufzte. „Ach, diese Version war noch schöner als die Geschichte von Zamar im letzten Jahr!“ „Die Legende um Kaen und Noa ist so vielfältig wie die Blätter eines Baumes, aber ihr Sinn bleibt immer gleich!“ stimmte ihr Ottam zu. „Komm, Liebste! Lass uns den Worten des Hüters Folge leisten!“